3. April 2017

Bluten auf Tour

Was macht frau, wenn sie während einer siebenstündigen Zugfahrt ihre Tage kriegt, sonntags, nachts, im hinterdeutschen Ödland und keine Tampons dabei? Bluten auf Tour will gelernt sein. Hier 5 Tipps, wie man das auf Slam-Tour regelt mit der Regel.

Vielleicht bist Du eine dieser Frauen, die Mini-Tampons kaufen oder papierdünne Slip-Einlagen. Eine, die vergisst, dass sie ihre Periode hat, während sie sie hat. Eine, deren Körper exakt drei Tage, alle vier Wochen, ein bisschen vor sich hintröpfelt, wie ein sehr leises und zuverlässiges Uhrwerk.

Oder aber Du bist wie ich: In deinem Unterleib wird sieben Tage lang mehr Blut vergossen als in einer Staffel Game of Thrones. Die ersten 24 Stunden liegst Du mit Wehen unter einem Berg von Wärmflaschen, irgendwo – egal wo, Hauptsache liegen. An Stehen ist nicht zu denken, an Denken erst recht nicht. Dich überfallen abwechselnd Hitzewallungen und Übelkeitsattacken, Durchfall hast Du sowieso und nur mit vielen starken Schmerztabletten schaffst Du es vielleicht, nicht zu weinen.

Und dann bist Du gerade mutterseelenallein im Regionalzug und fährst ohne Tampons, ohne Schmerztabletten, an einem Sonntagabend durch deutsches Ödland zum nächsten Slam – wo Du die einzige Frau im Line-Up sein wirst. Oh, und habe ich erwähnt, dass Du in einer Jugendherberge übernachten wirst mit Gemeinschaftstoiletten auf dem Gang? Party, Party, Party.

Tut Euch nicht an, was ich mir angetan habe! Lernt aus meinen Fehlern! Bluten auf Tour will gelernt sein, deshalb möchte ich meine Top 5 Tour-Mentsruations-Hacks mit Euch teilen:

Sei ein Eichhörnchen!

Du musst Dir nicht merken, wo Du Deine Nüsse versteckt hast, wenn Du überall Nüsse versteckt hast. Sprich: Verteile in sämtlichen Taschen, Rucksäcken, Koffern eine Mindestration an Tampons und Schmerzmittel, die dir in den ersten 12 Stunden deiner Periode das Überleben sichern. Und wenn ich „sämtliche“ schreibe, dann meine ich auch sämtliche (eine gewöhnliche Jeansjacke beispielsweise hat allein zwischen vier und sechs Taschen). Trage Dir einen festen Tag im Kalender ein, an dem Du die Rationen wieder auffüllst! Glaub mir, Du wirst Dir selber sehr oft sehr dankbar sein dafür.

Trink aus!

Wenn man keine Wärmflaschen bei sich hat, tun es leere Trinkflaschen mit heißem Wasser auch. PET eignet sich gut, aber auch Glasflaschen gehen zur Not. Sehr oft ist das heißeste, was so ein Hotelzimmerwasserhahn hergibt, schon warm genug, Im Zug kann man sich Teewasser abfüllen.

Eine geht noch!

Pack immer eine Unterhose mehr ein. Das geht zwar auch als allgemeine Lebensweisheit durch, betrifft Frauen in ihren fruchtbaren Lebensjahren aber ganz besonders.

Masturbiere!

Jap, da steht „Masturbiere!“. Zugegeben: Wenn Du dich schmerzverkrampft im Hotelbett wälzt, ist Selbstbefriedigung vermutlich nicht Dein erster Gedanke. Aber ein Orgasmus hilft der Gebärmutter zu entkrampfen. Die Intensität von Menstruationsschmerzen ist die eine Sache. Die Dauer noch mal eine ganz andere. Ein Orgasmus kann Dir nach zwölf Stunden Wehen mal 30 Minuten Verschnaufpause geben. In diesen 30 Minuten kannst Du beispielsweise aufstehen, einschlafen, sechs Slam-Texte performen, zur Apotheke gehen, umsteigen, ein PET-Flasche mit heißem Wasser füllen und vor allem durchatmen.

Sprich darüber!

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz unter Frauen, dass man sich in Sachen Menstruation zur Seite steht – erst Recht, weil es auf Toiletten immer noch mehr Automaten für Sex-Spielzeug gibt, als für Tampons. Falls Du kein gutes Eichhörnchen warst und mal mit Engpässen zu kämpfen hast, sprich andere Frauen an! Du findest andere Frauen beispielsweise in Zügen, im Publikum, an Hotelrezeptionen und manchmal sogar im Backstage.

Aber nicht nur Leidensgenossinnen kann man um Hilfe bitten. Einmal hatte ich meine Schmerzmittel überdosiert und war einmal mehr allein unter Männern auf Slam-Tour. Ich war also gezwungen, meinen Kollegen zu sagen, dass ich meine Tage habe, was ich genommen habe, wie viel davon und auf welche Symptome sie achten sollten, falls ich umkippe, und es war ihnen sichtlich unangenehm.

Da habe ich beschlossen, ihr Unbehagen nicht zu meinem zu machen. Die Hälfte der Weltbevölkerung blutet regelmäßig, wird regelmäßig bluten oder hat mal regelmäßig geblutet. Es ist 2017. Get over it.

Seitdem sage ich offen, wenn es mir menstruationsbedingt nicht gut geht, bitte darum im Line-Up nach vorne oder nach hinten geschoben zu werden, frage Kollegen, ob sie für mich zur Apotheke gehen können und wenn es ganz schlimm kommt, sage ich auch mal ab. Und dann nicht, weil „es mir nicht so gut geht“, weil „ich was Falsches gegessen“ habe, oder weil „ich irgendwie krank werde“, sondern ganz offen und ehrlich, weil “ich blute”.