18. Dezember 2017

Lampenfieber in Energie umwandeln

Kalter Schweiß, Übelkeit, Zittern und allgemeines Unwohlsein vor dem Auftritt? Eben saß der Text noch perfekt, jetzt will dir nicht einmal mehr der erste Satz einfallen? Dein Mund ist trocken und das Bier, was man dir als Hilfsmittel empfohlen hat, macht alles eher schlimmer als besser? Die folgenden Tipps helfen dir, deine Nervosität positiv zu nutzen.

Lampenfieber hat viele Gesichter und setzt bei jedem in anderen Situationen und in anderer Intensität ein. Meistens kommt es jedoch dann, wenn wir es am wenigsten gebrauchen können: Kurz vor Auftritten, die uns wichtig sind. Noch schlimmer ist es, wenn es erst auf der Bühne einsetzt und dein Körper unkontrolliert anfängt, zu zittern, zu schwitzen oder zu erstarren.

Um dem vorzubeugen, kannst du dir einige Rituale angewöhnen. Hierzu ist es zunächst wichtig, das Lampenfieber zu einem passenden Zeitpunkt bewusst auszulösen, um es anschließend kontrolliert abbauen und in eine geistige Wachheit umwandeln zu können. Was kannst du also tun, um das zu erreichen?

 

Planung & Imagination

Bei großer Nervosität ist es gut, früh am Veranstaltungsort zu sein. So bleibt genug Zeit um herauszufinden, wie das Mikrofon eingestellt wird und wo das Publikum sitzen wird. Anschließend kannst du in Ruhe noch einmal deinen Text durchgehen. Falls du den Auftrittsort bereits kennst, stelle dir beim Üben zu Hause oder auf dem Weg zur Veranstaltung vor, dass du auf der Bühne stehst und dort deinen Text vorträgst. Dies hilft dir dabei, dich später auf der Bühne wohl zu fühlen. Falls du dazu neigst, dir vor deinem Auftritt alle möglichen Horrorszenarien auszumalen, kann dir diese Übung zusätzlich helfen.

Durch das Hineinversetzen in die für dich aufregende Situation, tritt gleichzeitig das Lampenfieber ein. Mit ein bisschen Übung kannst du so den Zeitpunkt selbst bestimmen, an dem du nervös wirst. Für mich ist der beste Zeitpunkt spätestens 20 Minuten vor dem Auftritt. Statt das Lampenfieber zu verdrängen, führst du es bewusst herbei. So kann es kontrolliert bis zum Auftritt wieder abflauen. Kurz vor deinem Auftritt bist du dann voller Energie und konzentrierter Anspannung. Dein Kopf ist klar und du kannst deinen Auftritt genießen. Die Psychotherapeutin Irmtraud Tarr vertritt sogar die Ansicht, dass man für einen guten Auftritt Adrenalin braucht, wie du in diesem ZEIT- Artikel nachlesen kannst.

 

Bewegung & Körperaktivierung

Angst ist individuell und situationsabhängig. Gut ist es, wenn du weißt, wann dein Körper wie reagiert, um dann herauszufinden, was dir guttut. Wenn du beispielsweise weißt, dass du vor Auftritten Bewegung brauchst, kannst du damit beginnen, vom Bahnhof zur Location zu laufen. Alles, was Körper, Sprechorgane und Atmung aktiviert, sorgt dafür, dass du auf der Bühne ganz mit deinem Text beim Publikum sein kannst. Folgende Dinge kannst Du tun, um deine Nervosität über den Körper loszuwerden:

Laufen: Eine einfache Möglichkeit, die überschüssige Energie loszuwerden, ist das langsame Auf- und Abgehen. Wenn du willst, kannst du bei der Gelegenheit auch nochmal deinen Text durchgehen.

Bodyscan: Hierzu wanderst du mit deiner Wahrnehmung von den Füßen langsam hoch bis zu deiner Schädeldecke. Spüre, wo dein Körper verspannt ist. Bringe nun den Körper durch leichtes Pendeln in eine aufrechte Haltung. Atme ruhig und regelmäßig. Diese Methode ist auch im Sitzen (bei wenig Bewegungsmöglichkeit) anwendbar, erfordert aber hohes Körperbewusstsein. Eine ausführliche Anleitung zu einen Bodyscan im Liegen findest du hier.

Abklopfen und Ausschütteln: Aktiviere deine Schädeldecke und dein Gesicht durch leichtes Abklopfen mit den Fingern, den Rest deines Körpers mit der hohlen Hand. Besonders angenehm ist dies bei Händen und Füßen. Schüttle anschließend Arme und Beine locker aus. Eine ausführliche Beschreibung zum Abklopfen findest du in diesem Artikel und visuelle Anregungen dazu in diesem Video. Wackelige Beine verwandeln sich so in einen sicheren Stand, dein Körper ist bereit für den Auftritt.

Stimme aufwärmen: Durch Lippenflattern und Summen bereite ich mich stimmlich auf meinen Auftritt vor und aktiviere und lockere meine Sprechorgane. Besonders das Summen mit geschlossenem Mund kann ich hierbei empfehlen. Falls dir das Lippenflattern nicht gelingt, oder schwer fällt, kannst du es mit diesem Video.

Springen: Wenige Sekunden vor deinem Auftritt kannst du noch kurz auf der Stelle Springen und letztes Mal deine Arme und Beine durch sanftes Schwingen lockern. Dadurch bekommst du nochmals einen extra Energieschub, der dich auf die Bühne trägt.

 

Nachdem du auf diese Weise das Lampenfieber ausgelöst und wieder abgebaut hast, bist du nun bereit für deinen Auftritt. Das zuvor lähmende Adrenalin hat sich in geistige Wachheit umgewandelt und du kannst frei und ungehemmt mit dem Publikum in Kontakt treten.