19. Februar 2018

How much is the fish? So bekommst Du, was Du verlangst!

Nicht über Geld zu reden muss man sich leisten können. Freischaffende Künstler*innen können das nicht. Nicht, weil wir arm sind, sondern weil wir unseren Mindestlohn selbst bestimmen, unsere Gagenverhandlungen selbst führen, unseren Marktwert selbst festlegen und unsere Altersvorsorge selbst sichern müssen. Brechen wir also mit der Konvention und tun es: Sprechen wir über Geld! Part 2/2:

Zu wissen, welche Gage Du für einen Auftrag verlangen möchtest, ist das eine. Sie zu bekommen das andere. Hier sind drei hilfreiche Tipps für professionelle Gagenverhandlung.

Alles, nur kein Spoken Word!

Die drei goldenen Telefonregeln lauten 1. Wenn Dein Enkel in Not anruft, ist es nicht dein Enkel, 2. Der nächste freie Mitarbeiter ist für immer Zigaretten holen und 3. Nenne am Telefon keine Beträge. Nie. Tu’s einfach nicht. Ich weiß, Du bist Spoken Word Poetin*, aber wenn es um Gage geht, gilt das geschriebene Wort. Also sprich mir nach: „Ich gelobe, nie wieder am Telefon einen Preis für meine Arbeit zu nennen!“. Jetzt schreibe es auf ein Post-it und klebe das über deinen Schreibtisch! Wenn Du jetzt trotzdem noch einmal die Frage „Was würde uns das denn kosten?“ am Telefon mit einer Zahl beantwortest, komme ich persönlich vorbei und versohle Dir den Hintern.

Statt mit einer Zahl, kannst Du mit Fragen antworten. Weißt Du schon, wer dein Kunde ist und wie er sich selbst sieht? Kannst Du die Projektgröße und Deinen Aufwand abschätzen? Weißt Du, warum der Kunde gerade Dich angefragt hat und welche Wünsche er an Deine Arbeit hat? Kennst Du den Zeitrahmen des Projekts? Erst wenn Du das Gefühl hast, Auftrag, Aufwand und Kunde zu kennen, beendest Du das Gespräch mit der Zusage, ein schriftliches Angebot zu schicken. Dann schreibst Du ein Angebot.

Die Lösung liegt im Detail!

Erfahrungsgemäß kommen die lukrativsten Aufträge von Kunden, die nicht verstehen, was Du machst und wie Du es machst. Jemand, der Deine Arbeit nicht versteht, wird auch den Preis, den Du dafür verlangst, nicht verstehen und nur sehr selten ist das zu deinem Vorteil. Deshalb gilt: Mach deinen Aufwand sichtbar und weise im Angebot alle Arbeitsabschnitte gesondert aus!

In meinen Angeboten stehen z.B. häufig die Posten „Recherche“, „Texterstellung“, „Probe“ und „Auftritt“. Dazu gebe ich an, wie viele Tage und welchen Tagessatz ich pro Posten veranschlage. Auch die erste Bearbeitungsschleife schreibe ich extra hin, obwohl ich nichts dafür verlange. Ich führe sie mit 0,00€ auf und zwar aus 4 Gründen: 1. Kunden sehen, dass ich ihnen einen Arbeitsschritt schenke. 2. Kunden sehen, dass auch Bearbeitungsschleifen Arbeitsschritte sind, die eigentlich Geld kosten. 3. Kunden werden bemüht sein, bei der einen Bearbeitungsschleife zu bleiben und ihr Feedback gebündelt abgeben, anstatt mit immer neuen Änderungswünschen zu kommen. 4. Kommt es dann doch zu weiteren Bearbeitungsschleifen zahlen die Kunden i.d.R. ohne Murren den Mehraufwand.

Egal welche Posten Deine Angebote haben und welcher Betrag am Ende darinsteht, wichtig ist: Ein nachvollziehbares Angebot macht einen nachvollziehbaren Preis. Und ein nachvollziehbarer Preis wird eher bezahlt.

If you don`t know Verhandlungstalk, feel it!

Gagenverhandlungen finden nicht bei ebay-Kleinanzeigen oder auf dem Flohmarkt statt. Verwende daher bitte nie die Klausel „auf Verhandlungsbasis“ in deinen Angeboten. Auch nicht in der E-Mail, mit der Du Dein Angebot schickst. Es geht nicht darum, dass nicht verhandelt werden könnte. Es geht darum, dass Du nicht möchtest, dass dein Gegenüber weiß, dass Du den Auftrag auch für weniger machen würdest. Wer „auf Verhandlungsbasis“ schreibt, kann gleich weniger verlangen.

Verhandlungsbereitschaft wird, wenn überhaupt, nur im Subtext suggeriert. „Wenn Sie zu meinem Angebot Fragen haben sollten, zögern Sie bitte nicht, mich anzusprechen“ ist eine Übersetzung von „Ich lasse mit mir reden“, während ein „im Anhang finden Sie meine Kalkulation für den besprochenen Auftrag“ schon eher „ed kostest, wad ed kostet“ bedeutet.

 

Meine Erfahrung hat gezeigt: Die besten Argumente, um von seinem Preis zu überzeugen, sind 1. professionelles Auftreten und 2. eine nachvollziehbare Kalkulation. Zauberei geht anders.