16. Juli 2018

Meine erste Slam Tour

Auf Slam-Touren lernt man nicht nur andere Slammende kennen, sondern auch viel über sich selbst und über Slam an sich. Warum diese Erfahrung für mich wichtig war und was ich aus meiner ersten Slam-Tour bis heute mitgenommen habe, erfahrt ihr hier.

Ich bestritt meinen allerersten Slam-Auftritt 2012 in Kiel, darauf folgten einige zaghafte Versuche in NRW und schließlich landete ich irgendwie in Göttingen und somit in den Armen des wunderschönen Göttinger Poetry Slams.

Würde man diesen Slam in drei Worten beschreiben wollen, wären das wohl: Sekt, Ekstase, Kaffee-Peeling. Und natürlich Felix Römer und Christopher Krauss, die beiden Nieren dieses Events.

Und so kam es, dass ich bei ebendiesem Felix Römer, dem Mann mit der Bronzestimme, dann auch Ende 2012 (oder Anfang 2013? Keine Ahnung, aber ich erinnere mich an Sekt) meine erste kleine Tour machte.

 

Kunstvolles Scheitern

Ich weiß natürlich nicht mehr alles. Kassel, Eschwege, Göttingen. Das waren meine Stationen zum Glück und die ersten Stolpersteine auf dem Weg zu einer mittelmäßig Karriere als Kleinkünstlerin in Sachsen (inzwischen Berlin. Wow). Vor allem aber dachte ich damals, da ich einige kleine „Niemanden-interessiert‘s-Slams“ gewonnen hatte, ich wäre ganz schön gut. Tja. 

Ich wurde eines Besseren belehrt. Es war jemand mit mir auf Tour, der zu diesem Zeitpunkt amtierender Landesmeister eines nicht unbedeutenden Bundeslandes war. Und was soll ich sagen… Selten habe ich mich selbst so scheitern sehen. Da denkst du, du könntest was, bis du merkst, dass du bisher nur ein Goldfisch im Wasserglas warst. Und plötzlich schwimmt da ein Delfin neben dir und du merkst, wie whack du bist. Gott, war ich schlecht, jeden Slam habe ich klanglos verloren. Gott, fand ich diesen anderen Slammer gut und auf dieser Tour lernte ich meine erste Lektion in Demut.

 

The points are not the point

Was ich aber vor allem lernte war, wie scheißegal das alles war. Mal gewinnst du, mal verlierst du. Darum geht es nicht, kapiert? Worum es geht, ist alles andere außer dem Wettbewerb. Das war nämlich die zweite Lektion, die ich lernte. Nicht zuletzt wegen dieses Römers, der mir all die Whackness verzieh, solange ich im Backstage ich selbst war.

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Viel wichtiger als zu gewinnen war es, dass Eschwege die gemütlichste Location der Welt hatte, dass wir bis tief in die Nacht Scrabble spielten (wo ich ähnlich klanglos unterging, wie auf der Bühne) und es am nächsten Morgen frische Eier vom Bauernhof gab.

In diesen drei Tour-Tagen bemerkte ich, warum ich diese Szene auch heute noch so sehr mag. Klar, auf der Bühne stehen und die eigenen belanglosen 5-Minüter vorlesen, ist schon geil. Aber noch geiler sind die Menschen, die irgendwie alle daneben und verquer sind und erst dadurch so gut zusammen passen. 

 

Und jetzt so?

Klar, jetzt ist das bei mir alles ein bisschen anders. Ich schlafe selten auf Sofas in verqualmten Durchgangszimmern, ich hänge im Backstage oft gelangweilt am Handy und meist verziehe ich mich nach dem Slam wie eine Oma zum Netflixen ins Hotelzimmer. Aber so ist das manchmal und das ist auch okay, solange der Sekt ab und zu noch perlt. Wichtig ist, dass diese ersten Touren, diese ersten Erfahrungen, eine prägende Wirkung haben. Und je nachdem, wie diese Erfahrungen ausfallen, gestaltet sich danach die Beziehung und die Wertevorstellung bezüglich Slam. Ich will mir von keinen Slammer_innen, die seit drei Stunden dabei sind, erklären lassen, wie furchtbar es ist, dass ihr Hotel nur 3 Sterne hat. Ich will mir nicht anhören müssen, wie krass wir alle sind und wo ihr alles schon abgerissen habt, denn: I DON‘T CARE!

Vielmehr sollten wir wieder das Miteinander genießen. Ob nun mit Weißwein oder Limo, mit Scrabble oder Uno, mit purer Whackness oder erstaunlichem Talent. Seid nett zueinander. Und vergesst niemals die Menschen, die euch eingeladen haben, bevor eure Oma euch auf Youtube gesehen hat.

 

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