17. September 2018

Sommerzeit, Festivalzeit

Mit 16 war ich das erste Mal auf einem Festival. Ich hab‘ mein Zelt mit Panzer-Tape geflickt, Müsli mit Radler geschlürft und mehr Dosenravioli gegessen als für irgendjemanden gut ist. Jetzt sitze ich teilweise in Backstages neben Musiker*innen, die ich einfach nur anstupsen und dann kichernd weglaufen will. Für beide Fälle habe ich ein paar Überlebensstrategien entwickelt, die ich jetzt mit euch teile:

Du darfst aussehen, wie du willst

Die Jungs, mit denen ich auf meinem ersten Festival war, haben mir erklärt, das Wichtigste auf einem Festival sei folgendes: Niemand duscht. Denn eklig wird‘s erst, wenn alle stinken und eine*r nicht. Du bist derselben Meinung? Cool. Du willst dich jeden Tag duschen und das Glitzer-Festival-Makeup ballern? Auch cool. Du hast Bock darauf, drei Tage ein Panda-Kostüm zu tragen, bis es dir vom Körper fault? Genauso cool. Auf einem Festival wird niemand schräg angeschaut, das macht es ja gerade aus. Und wenn dich jemand als Mimose beschimpft, weil du auf deine tägliche Dusche bestehst, hauch ihnen deinen minzfrischen Atem ins Gesicht und lächle einfach nett.

Schau dir an, was dir gefällt

Konzerte auf einem Festival zu organisieren ist mörderkompliziert. Da machen sich die Organisationsmenschen eine Heidenarbeit und dann spielen deine beiden Lieblingsbands gleichzeitig. Ganz toll. Dann gibt’s da diese eine Band, die du total magst und alle sind so: Meh. Naja. Nee. Find ich kacke. Also gehst du nicht hin, richtig? Falsch! Du kannst auch ruhig mal alleine auf ein Konzert gehen. Glaub mir, es macht Spaß. Auf einem Festival bleibt man eh nie ganz alleine. Genauso kannst du easy wieder zum Zelt gehen, wenn dir eine Band nicht gefällt. Geschmäcker sind verschieden und das ist okay. Außerdem muss man auch nicht die ganze Zeit mit dem gesamten Freundeskreis unterwegs sein, me-time geht auch auf einem Festival. Pro-Tipp: bevor du ewig auf dem Campingplatz rumlümmelst, leg dich doch einfach irgendwo ins Gras und hör dir Acts an, die du nicht kennst. Es könnte deine neue Lieblingsband dabei sein.

Sei laut, wenn es sein muss

Auf einem Festival tummeln sich immer viele betrunkene Menschen. Die sind meistens lässig und wollen einfach nur ein gutes Wochenende haben, genauso wie du. Aber manchmal wars vielleicht ein Dosenbier zu viel und es fallen blöde Kommentare oder jemand hat die Hände, wo sie nicht hingehören. Das ist uncool. Aber auf einem Festival bist du nie alleine. Wenn eine kesse Antwort deinerseits nicht reicht oder auf deine Bitte, die Hände bei sich zu behalten, nicht reagiert wird, dann werde laut. Ein lautes und deutliches „Kannst du mich bitte nicht anfassen?“ ist meist genug. Ansonsten kannst du auch gezielt Andere um Hilfe bitten. Hauptsache laut.

Musiker*innen sind auch nur Menschen

Ich für meinen Teil musste auch in der Slam-Szene erst mal lernen, dass das alles auch „normale“ Menschen sind und dass ich nicht in Ohnmacht fallen muss, wenn jemand mit mir auf der Bühne steht, den oder die ich vorher nur von YouTube kannte. Aber als ich das erste Mal Backstage auf einem Festival war, musste ich mich schon sehr zusammenreißen, um nicht zu quietschen oder nach einem Autogramm zu fragen. Man sollte nicht vergessen, dass das Backstage ein Rückzugsort für alle Künstler*innen sein soll. Nach Fotos oder Autogrammen fragen ist also eher keine gute Idee, so weh es dem Fanherz tut. Dafür kannst du vielleicht sneaky Fotos schießen, wenn grade keiner guckt (obwohl das auch mal in die Hose gehen kann) oder innerlich ausrasten, wenn Campino sich den gleichen Burger bestellt wie du.

Gönn dir

Das gilt grundsätzlich für alles, aber auf einem Festival besonders. Scheiß auf die blöden Dosenravioli, gönn dir das nice Essen auf dem Festivalgelände. Kauf dir eine Klappmatratze statt auf der ranzigen Isomatte deiner Mutter zu schlafen. Nimm mit, was du gern isst und trinkst und was du brauchst, damit es dir gutgeht. Denn Festivals sind nur so gut, wie du sie dir selber machst.