21. Januar 2019

Alles für die Gang

Und eine Gang für Alle! Regelmäßige Netzwerktreffen stärken die Szene, machen sie zu einer Familie und fördern jedes einzelne individuelle Talent. Die SlamCityGraz hat Erfahrungen gesammelt, weiß wie man die Gang pflegt und worauf es dabei ankommt. Hier: ein Eindruck, der bestenfalls fruchtet und zum Nachahmen motiviert.

Die Grazer GirlsGangSlamBang, ist ein Kollektiv an weiblichen* Slam Poetinnen und Autorinnen. Monatlich trifft frau sich und tauscht sich aus. Über das Alltägliche, über slam-relevante Themen, über persönliche kreative Prozesse. Das Setting ist immer unterschiedlich. Mal gemütlich bei Picknick und Abendsonne im Park. Mal produktiv und doch beim Spritzer in Der Cuntra (Café). Mal sind zwölf Leute da, manchmal nur zwei. Mal geht’s um Bühnenerlebnisse, Schreibblockaden, Auftrittsnervosität, manchmal wird stundenlang über Menstruation und Food Cravings geredet.

(c) Hanna Gehmacher

Warum braucht es eine Gang?

Aber nochmal von vorne. Grazer Slam-Bühnen sind kaum je an gerechten Geschlechterverhältnissen gescheitert. 2014 wurde der lokale Verein PLuS (Performte Literatur und Slam Steiermark) von Mario Tomic und Yannick Steinkellner gegründet. Auf Diversität setzt man hier seit jeher. Als ich 2016 Teil der SlamCityGraz werden durfte, sah ich keine männlich dominierten Bühnen, (junge) talentierte Slam Poetinnen, die Hunger auf Bühne hatten, gab es genug. Dennoch, oder gerade deswegen, verlangte es nach einer Gang, die aktive, lokale Künstlerinnen stärkt. Nicht um Männer* auszuschließen, sondern um Frauen* zu vernetzen und einen Safe Space zu gewähren, der ihnen ermöglicht, sich Dinge zu trauen, die schwerer fallen, wenn Männer* anwesend sind. Laut-Sein, zum ersten Mal etwas Witziges vorlesen, sich Feedback einholen – ohne belehrende, oberflächliche Besserwisserei.

Eine Gang gibt die Möglichkeit, neue Texte vorzutragen, Selbstzweifel oder Krisen mitzuteilen, anderen zuzuhören, gemeinsam Hemmungen in der Performance zu verlieren, gemeinsam zu schreiben, sich Rückmeldungen zu geben, zu wachsen, zu reifen, sich neu zu entwickeln; ein endloser ehrlicher Austausch und kreativer Schaffensprozess Deluxe, eben! Das Schönste daran: Durch die regelmäßigen Treffen vertiefen sich Freundschaften und neue werden gefunden, inspirierender Diskurs motiviert zum Schreiben und Tüfteln und Frauen* stolzieren noch stärker vor’s Mikrofon, denn sie wissen, dass die Sistas im Backstage auf sie warten.

How to: Gang – ewiger Kreislauf…

Vernetzungs- und Förderarbeit verlangt Geduld und Dranbleiben. Das beginnt bei einfühlsamen Antworten auf Mails, „Neulinge“ auf Slams anquatschen, Kontaktdaten austauschen und hört noch lange nicht auf bei aufbauenden Gesprächen, ehrlicher Kritik oder dem Hinterherrennen und immer und immer wieder einladen, erinnern, auffordern. Das gelingt nicht immer. Es ist schwierig, passende Termine für Treffen zu finden, es braucht Zeit und Energie, Kontakte aufrecht zu halten und Projekte durchzuführen. Eine Gang kann das gemeinschaftlich meistern, sich gegenseitig zu Produktivität motivieren und Stütze sein.

…aber mit Liebe!

Hilfreich ist es, eine Plattform zu finden, auf der frau möglichst viele erreicht. Eine geschlossene Facebook – Gruppe zum Teilen von Zeugs oder zum Ausmachen von Dates. Sonst simst, oder whatsappt, oder wasauchimmert man hinterher. Um leichter Termine zu finden, achtet man auf Tage, die für Schülerinnen*, Studentinnen*, Berufstätige und Mütter funktionieren. Sonntag nachmittags. Außer der Bus fährt nicht bis spät, dann lieber Freitag, und so weiter und so weiter. Es ist ok, wenn es Treffen gibt, zu denen es nur wenige Frauen* des Kollektivs schaffen. Solange es ein Treffen gibt, für die, die Förderung, Vernetzung, Plausch brauchen.

Muss frau da jetzt ein inhaltsschwangeres Workshopkonzept durchziehen?

Am besten entscheidet die Gang kollektiv, ob und wie sie Treffen produktiv nutzen will. Vorschläge sind willkommen. Konkrete Performance Übungen, Team-Spaß oder Schreib-Sessions muss es geben, Bedingung dafür: Motivation und Elan. Es gibt auch Tage, da sind alle geschlaucht und müde und wollen einfach nur tratschen und Tee trinken. Die Förderung des eigenen Slam-Talents steht im Vordergrund, aber die passiert ohnehin automatisch nebenbei, solange es Möglichkeiten gibt, zeitgleich künstlerisch an sich zu arbeiten, während man Vertrauen zur Gang und zu sich selbst aufbaut.

(c) Hanna Gehmacher

Das Wichtigste:

Was in der SlamCityGraz funktioniert, funktioniert auch überall außerhalb Südösterreichs. „Slam ist Podium vom Volk und für’s Volk“ und das Volk ist bunt und braucht seinen Platz. Den schaffen wir, indem Bühnen offen bleiben oder individuell neue entstehen, um gezielt Talente zu fördern. Das zum einen – und zum anderen: Lass Slammer* und Slammerinnen* zu deinen Freunden und Freundinnen werden. Egal ob durch eine GirlsGangSlamBang oder einen U20-Stammtisch oder einfach mal so alle zusammen Kegeln oder Billard Spielen gehen, Bierchen trinken oder Nachos-Wettessen.
Nur so sind wir Slamily. Nur so fühlen sich Talente willkommen. Nur so lebt die Gang.