18. Februar 2019

Die Kunst der Frage

Seit fast 20 Jahren gibt es in Österreich Poetry Slam. Ich war von Anfang an mit dabei: Als Slammerin, als Veranstalterin, als Workshopleiterin und als Mentorin. Inzwischen sehe ich schnell, ob es eine_r ernst meint. Ob das was wird. Woran ich es erkenne? An den Fragen, die du stellst!

Frag dich durch!

Kennen wir alle: Wir hängen fest. Hängen Stunden über dem Notizheft, ohne dass uns eine Zeile gelingt. Bekommen beim Auftritt keinen Flow hin. Würden gern …, aber immer kommt der Punkt, an dem wir frustriert sagen: „Das kann ich nicht!“
Naja, okay. Vielleicht. Noch nicht. Aber schau dich in deinem Umfeld um: Wer kann es denn? Wen bewunderst du?
Los geht’s! Frag dich durch! „Wie geht das?“ ist soviel besser als „Das kann ich nicht!“

Nicht nur ins eigene Heft schauen!

 

Dumme Fragen? Gibt es nicht!

Die Slamszene ist jetzt schon ziemlich erwachsen und hat die letzten 20 Jahre damit verbracht ordentlich Wissen anzusammeln. Nütze diese Ressourcen! Stell Fragen:

  • Welche Tricks verwendest du, um dir leichter Texte zu merken?
  • Was kann ich gegen die Aufregung machen?
  • Wie komme ich zu einem eigenen Buch?
  • Wie verdienst du dein Geld?
  • Wie krieg ich die Einleitung besser hin?
  • Was machst du bei einem Texthänger?

 

Hol dir aktiv Feedback!

Kennen wir alle: Nach deinem Auftritt stürmt jemand auf dich zu und erklärt dir lang und breit, was du hättest anders machen müssen, damit du ihn so ganz begeisterst. Das meine ich nicht. Wenn ich sage, hol dir aktiv Feedback, dann liegt die Betonung auf aktiv und holen. Such dir eine Person im Line-Up oder im Umfeld, die du leiwand findest und frag einfach:

  • Hat dir mein Text gefallen?
  • Was kann ich besser machen?

Wenn du Glück hast, wird daraus ein stabiles Verhältnis. Vielleicht sogar eine eigene Gang.
Wenn nicht? Egal, dann hast du immerhin eine Antwort und suchst einfach weiter!

Gleich gibt’s Feedback!

Wen kannst du fragen?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Ich kann manchen Leuten richtig gut weiterhelfen, anderen weniger. Dein Bauchgefühl gibt die Richtung vor. Wer beeindruckt dich? Mit wem fühlst du dich wohl?
Aber warte nicht zulange. Wenn du jemanden fragst und es klappt nicht: Ist doch egal! Frag einfach die nächste! Eine Person alleine hat sowieso nicht das ganze Wissen der Szene im Kopf abgespeichert! Es ist sowieso immer eine gute Idee, mehr als nur eine_n zu fragen!

 

Kritik ist wichtig – aber lasst euch einen Tag Zeit dafür!

Nach dem Auftritt ist die Haut besonders dünn. Wir sind offen, wir haben alles auf Empfang gestellt, damit wir den Raum richtig lesen. Im Körper jede Menge Adrenalin. Der Auftritt hallt nach. Vielleicht war es perfekt, vielleicht bist du nicht so recht zufrieden, … so oder so: Sei jetzt lieb zu dir!
Direkt nach der Bühne ist kein guter Zeitpunkt, dich zu zerfleischen. Was du besser hättest machen können, kannst du morgen analysieren. (Und ja, die Analyse ist wichtig! Aber glaub mir: Du kannst dich auch morgen noch gut an deine Fehlerchen erinnern!)
Genieße einfach mal, dass du den Auftritt gut hinter dich gebracht hast. Klopf dir auf die Schulter! Lob dich mal! Bring dich selbst zum Lächeln!

Du bist leiwand! Das hast du gut gemacht! Weiter so! Bis bald auf der nächsten Bühne!

 

Du fühlst dich grad, als hättest du nur einen Punkt verdient? Morgen weißt du wieder, dass es mindestens eine 7 war!