1. Juli 2019

kreuz und queer geslammt

Pride Month

Der Juni steht im Zeichen des Regenbogens: es ist Pride Month.

Jede*r darf und möchte sich in Regenbogenfarben wickeln und eintauchen, zumindest dieses eine Mal im Jahr, ganz offensichtlich, ganz bewusst, ganz stolz, ganz selbstverständlich. An die Zeit erinnern, als es noch anders war. Sichtbar machen, was so lange Zeit unsichtbar gemacht wurde. Während des Pride Month werden all jene Besonderheiten zur Schau gestellt,  die für queere Menschen sonst alltäglich sind. Die davon profitierenden Firmen, die für kurze Zeit auf den Zug aufspringen, nur um bessere Profite zu erzeugen, geben dem Pride Month leider teilweise einen etwas bitteren Beigeschmack.

Doch es sprießen die solidarischen Aktionen für Regenbogenmenschen aus allen Richtungen, mensch weiß sich kaum zu helfen, ob dieser Farbenflut. Schön ist das. Und auch queer und etwas schräg. Aber eigentlich toll.

Queere Slams während des Pride Month

In der Flut des Pride Month, der Christopher-Street-Days und Regenbogenparaden dürfen Poetry Slams natürlich nicht fehlen, sind sie doch Orte freier Meinungsäußerung. Alle teilnehmenden Personen werden um ihre Blickwinkel und Erfahrungen gebeten. Besonders zu diesen Events gibt es Einblicke, wie es so ist als dieser oder jener Mensch zu leben, was unter „normal“ verstanden wird, wie sich das Umfeld verändert (oder auch nicht) – durch ein Coming-Out, durch ein ich-bin-wie-ich-bin-und-freue-mich-wenn-du-dich-mit-mir-freust.

Die Dichte an queeren Slams ist während dieser Festivitäten enorm, es gibt z.B. den Pride Slam in Wien, den Slam auf dem Dortmunder CSD oder den im Zuge des Warmen Mai in Zürich.

Abgekoppelt oder über das Jahr verteilt finden sich die Veranstaltungen mit diesem Fokus eher selten, außer zum Frauentag, wenn Feminismus denn durch queere Thematiken erweitert wird.

 

Erste queere deutschsprachige Anthologie

Am 1. Juli 2019 ist es endlich soweit, die 1. Anthologie deuschsprachiger queerer Slamtexte erscheint. Herausgegeben von Stef und Sven Hensel im Satyr Verlag mit dem Titel: „Fantastische Queerwesen und wo sie sich finden“. Laut Pressetext umfasst die Anthologie 41 Texte von 36 queeren Poet*innen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Wir dürfen gespannt sein, wer darin zu findet ist und wer sich finden lässt. Ich freue mich schon sehr auf diese Entdeckungsreise.

Über den Tellerrand

Eine Erinnerung an meine Forschungsreise im Zuge meiner Diplomarbeit zur US-amerikanischen Poetry Slam Szene 2011: In New York habe ich sehr viele Slams besucht und war auch bei einigen, die sich speziell an LGBTIQ* Personen richteten. Dadurch eröffneten sich mir neue Horizonte, die Einblicke in diverse Identitäten zuließen. Ich verstand mich selbst schon länger als queer, aber es auf die Bühne zu bringen, war ein Bestärken und Wertschätzen. Ein Willkommen: Mensch, du bist wertvoll.

Und es gab damals schon eine Anthologie zu finden: „Bullets and Butterflies“, herausgegen von Emanuel Xavier, 2005. Hier kommen ebenfalls all jene Poet*innen zu Wort, die sich nicht in die Schubladen heteronormativer Weltanschauung stecken lassen wollen und mit ihren Texten die Welt ein Stück besser machen.

 

Fazit

Ich hoffe, dass dieser Einblick als Einladung wahrgenommen wird. Als Einladung, wertzuschätzen wie vielfältig die Slam Szene ist, die Offenheit für Menschen jeglicher Orientierung und Herkunft beizubehalten. Jeder Person ist kostbar und ihre Texte bereichernd. Und das nicht nur während des Pride Months, sondern das ganze Jahr über.

Mit einem Zitat aus der „Bullets & Butterflies“ möchte ich enden:

We do not write simply for the applause of an audience but for the believe that poetry, like all art, is not just for the elite. It is something to be shared and appreciated by everyone, regardless of age, education, class, sexual preference. (Emanuel Xavier: Bullets & Butterflies, 2005)