5. März 2018

Slam Masterin – wie, was und warum? 

Eine Veranstalterin? Machen das nicht nur Männer? Frauen moderieren Slams? – Ja, mehr, als so manch einer auf dem Schirm hat!

Ich bin Veranstalterin und Moderatorin von vier Poetry Slams und einer Lesebühne in Wien und gebe dir heute einen kleinen Einblick, wie es ist, wenn man nach einer durchtanzten und rotweinreichen Nacht bei den ersten Sonnenstrahlen schon mit Seretonin überhäuft wird und den Weg ins Büro der Selbstorganisation antritt.

Einmal auf der anderen Seite meines WG-Zimmers, warten auf einem ausrangierten Esstisch Kalender, Handy und Laptop darauf, dass ich ihnen meine volle Aufmerksamkeit schenke. E-Mails wollen beantwortet, Poet*innen wollen gebucht werden und für ein Publikum will der entsprechende Zielgruppen-abgestimmte-Köder ausgeworfen sein.

Als Veranstalterin bist du Talentscout, Mutti und Alphatier in einem. Eine Arbeit, die ich liebe und zu der ich dich motivieren möchte, mit Hilfe folgender Punkte:

Maul auf!

Du hast eine Slam-Idee? Du wirst von einer Location angefragt? Dann juble und verhandle! Stell die Rahmenbedingungen auf, die du mit den Lokalinhabenden eingehen willst. Wie ist es mit Freigetränken und Essen? Wie sind die Backstage-Gegebenheiten? Gibt es eine Raummiete? Ist die Technik inkludiert? Eintritt? Freie Spende? Vorsicht bei Eigenkapitalinvestition! Ich bin persönlich kein Fan davon, mit privaten Geldern eine Veranstaltung zu finanzieren, obwohl das in Slamkreisen immer wieder vorkommt. Slammen kann ein Hobby sein, aber Veranstalten ist es da schon mehr. Schau, dass du gerade am Anfang mit mindestens Null aussteigst, wenn Reisekosten, Technik, Unterbringung und Gagen gedeckt sind. Für eine Slamneugeburt ist das gut! Such dir Sponsoren, lass z.B. die Preise von ihnen beisteuern. Beantrage Förderungen (Bezirk, Land, etc). Informiere dich, worauf dein Landeskreis so abfährt. Wien fördert zum Beispiel sehr gerne Literaturprojekte – also verkaufe deinen Slam so!

Veranstalten ist Marketing. Marketing ist Honig ums Maul schmieren. Honig mögen wir alle.

Kläre für dich, wie dein Slam-Format aussehen soll und wie du dich von den anderen Formaten unterscheiden möchtest. Finde dein Unique Selling Point (Alleinstellungsmerkmal). Wichtig ist, dass du eine klare Vorstellung von deiner Veranstaltung hast und diese klar und direkt verkaufst, beim Publikum, bei der Location, bei der Presse und auch bei den Poet*Innen.

Be serious!

Sei überzeugt von dem, was du tust. Hol dir Tipps und Tricks von vertrauten, alten Slam-Hasen und -Häsinnen. Aber sei auch mutig, neue Dinge auszuprobieren. Veranstalter*in zu sein, bedeutet für mich auch immer, Pionierarbeit zu leisten. Wenn du Kritik bekommst, wäge ab, ob sie konstruktiv oder nur Senfgeberei im Sumpf der Slamveranstalter*innen ist.

Poetry Slam ist ein funktionierendes und bereits bewährtes Produkt. Don’t be afraid, Baby! Immer mehr Poet*innen schreiben auch bei ihren Solo Shows die Schlagwörter Poetry Slam in den Headliner. Das Format ist eine eierlegende Wollmilchsau. Selbst in einer traditionellen Theater- und Musikstadt, in der Klassik noch mit Federkiel hoch auf die Fahne geschrieben wird und rebellische, neuartige Bühnenkunst immer noch wie ein fehlplatziertes Kuckucksei wirkt, ist trotzdem (oder vielleicht genau deshalb) das Interesse und die Neugierde auf Poetry Slam sehr groß. Deshalb: Verteil deinen Honig, selbstbewusst und zielsicher!

Mach dein Ding!

Mach es gut! Dein Slam bekommt unweigerlich eine ganz besondere Note – nämlich Deine! Das ist gut, das nennt man Branding. Ich bekomme oft das Feedback, dass meine Slams Oasen in der Poetry Welt sind. Imitiere nicht, sondern sei du selbst als Veranstalter*in, als Moderator*in, als Kolleg*in im Backstage. Schaffe eine entspannte Atmosphäre. Es wird oft gesagt, dass der Wettbewerb nicht von Bedeutung sei, doch so oft hat man im Backstage und auf der Bühne dann doch das Gefühl, dass es hier schon wieder um die Weltherrschaft geht. Du bist die Macherin des Abends, du kannst den Druck rausnehmen und den Fokus auf einen Abend mit bunter Poesie aus allen dichterischen Himmelsrichtungen lenken. Die Poet*innen und das Publikum werden es dir danken!

Do it!

Warum tue ich das? Das große Geld zu machen ist nicht mein Beweggrund, dafür hätte ich meinen Job beim österreichischen Fernsehen nicht kündigen dürfen. Ich möchte Räume öffnen und Dinge als Veranstalterin und Moderatorin bewusst besser machen, als ich sie oft auf Touren erlebt habe. Mich begeistert es, Begegnungen und Bewegung zu schaffen. Ich möchte Slam ein Zuhause geben, mein Zuhause. Das klingt pathetisch und ich mein’s genauso, wie’s klingt. Es ist (m)eine Herzenssache, die im Übrigen nicht nur mit Applaus honoriert wird, denn Menschen zahlen gerne Eintritt für gute Veranstaltungen.

Es ist für mich auch ein Akt der Rebellion, das zu tun, von dem viele nur reden. Indem ich veranstalte und das Slamfeuer, das mich vor sechs Jahren ergriff, unnachgiebig schüre und weiterreiche, mache ich den Unterschied, auf den es mir ankommt.