Kultur-Arbeit in Zeiten von Corona
Wir sind aktuell nicht Zuhause, um unserer Kreativität ungehemmt frönen zu können. Wir erleben eine Ausnahmesituation. Eine Pandemie. Ob und wie man in diesen Zeiten Kreatives schaffen kann und wie ihr Kunst- und Kulturschaffende unterstützen könnt, erfahrt ihr in hier.
Was die anderen tun
Ich bin klar gegen Leistungsdruck, besonders in dieser Zeit. Wenn wir nach diesen Monaten nichts mehr erreicht haben als zu überleben, reicht das völlig aus. Und mit Überleben meine ich nicht primär eine allfällige Infektion, sondern vor allem den Effekt, der diese Zeit auf unsere mentale Gesundheit haben kann. Dabei ist das Schlimmste, was ich machen kann, mich mit anderen zu vergleichen. Oh, XY hat schon wieder ein neues tolles Poetry Video hochgeladen und XX hat ein neues Buch veröffentlicht. Klar ist das toll, aber es bedeutet nicht, dass ich das Gleiche tun muss.
Die aktuelle Zeit fühlt sich für mich an wie ein angespannter Spagat zwischen „Ich möchte nicht meine gesamte Arbeit gratis raushauen“ und „Die Leute sollen mich nicht vergessen “.
Keine Deadlines – grosses Problem
Ich weiss nicht wie es euch geht, aber ich brauche meistens Druck, um etwas innert halbwegs nützlicher Frist zu kreieren. Aufritte, die nicht stattfinden, nehmen mir diesen Druck weg. Ob ich den Text morgen, in einer Woche oder in einem Monat fertig schreibe, spielt plötzlich keine Rolle mehr. Als (Teil-)Selbstständige müssen wir unseren Shit sowieso schon zu einem Großteil selbst organisieren und strukturieren. Da sind Fristen von außen eine wohltuende Abwechslung. Nun fallen diese zu einem Großteil weg. Natürlich können wir versuchen uns selbst Abgabetermine aufzuerlegen. Wenn das für euch klappt, go for it. Mir persönlich nützt das relativ selten etwas, ich bin kein strenger Chef und ein Nichteinhalten hat Null Konsequenzen. Ein anderer Ansatz ist es, einfach mit dem Flow zu gehen. Manchmal schreiben sich zwei Texte innerhalb eines Tages, mal entstehen über zwei Wochen nur Notizen, Ideen und Fragmente. So läuft es bei mir eigentlich meistens, auch abgesehen von der Pandemie, und so langsam lerne ich, das zu akzeptieren.
Von Sauerteig-Broten und anderen Ablenkungen
Ich gebe mich in dieser Zeit gerne den kleinen Freuden des Alltags hin. Endlich konnte ich mir ein Anstellgut für Sauerteig zusammenpflegen und mein Brot wird immer besser! Wer dazu neigt, viele Interessen zu haben, muss manchmal aufpassen, dass die entgeltliche Arbeit nicht ganz untergeht. So geht es zumindest mir: Ich kann mich locker sechs Stunden am Tag mit Kochen und Backen beschäftigen. Mich danach noch hinzusetzen und zu schreiben braucht natürlich Überwindung, schliesslich habe ich ja bereits sechs Stunden „gearbeitet“*.
Wie ihr uns unterstützen könnt
Um Kunst- und Kulturschaffende in diesen Zeiten zu unterstützen, gibt es viele Möglichkeiten. Kauft unsere Sachen! Viele haben Bücher, Postkarten oder Merch. Gebt uns Einsprech- oder Synchronisationsaufträge, manche von uns haben ein so sauberes Bühnendeutsch, dass Schauspielstudis vor Neid erblassen. Du wolltest schon immer ein Gedicht für deinen reinrassigen Zwergpincher über seinem Bettchen aufhängen? Toll, gib den Text einer Poetin in Auftrag (und zahl sie angemessen dafür!). Einige von uns haben digitale Hüte oder Patreon Accounts, über die ihr uns unterstützen könnt. Spendet an Einzelpersonen, Kulturinstitutionen oder Vereine. Ihr habt Tickets für eine abgesagt Veranstaltung? Lasst sie nicht rückerstatten. Es ist übrigens auch nicht verboten, einfach Leute anzuschreiben, die vielleicht noch kein Buch draussen haben und zu fragen, ob sie evtl. einzelne Texte oder ein Manuskript verkaufen. Und zu guter Letzt: Hört bitte nicht auf uns zu buchen! Klar ist momentan alles super unsicher, aber Termine in ferner Zukunft sind für mich persönlich ein Lichtblick in dieser schwierigen Zeit.
*In „“ weil Hausarbeit für mich keine Lohnarbeit ist, sprich, ich mit Brötchen backen keine Brötchen verdiene – obwohl es natürlich auch Arbeit ist.