20. März 2024

Vom Text zum Buch

Eine der Fragen, die quasi jede:r Slam Poet:in früher oder später gestellt bekommt, ist: Hast du was zu verkaufen dabei? Ob von Veranstalterseite für einen Büchertisch oder von einem Mitglied des Publikums nach der Show – sobald die Frage häufiger fällt, steht man quasi zwangsläufig vor der Überlegung, etwas zu veröffentlichen. Nur wie anfangen?

Denise Bretz, Verlagsleitung des Poetry-Slam-Verlags Lektora, hat uns (fast) alle Fragen beantwortet, die vor der Veröffentlichung des ersten Buches auftauchen könnten. Diese haben wir in dem folgenden Fragenkatalog für euch zusammengefasst: 

Der richtige Zeitpunkt

Natürlich ist die Veröffentlichung einer Textsammlung für Menschen, die gerade ihre ersten Bühnenerfahrungen sammeln, wahrscheinlich erst mal weniger relevant. Meist sind es einfach noch nicht genug Texte. Ist man aber schon ein paar Jahre dabei, gewinnt hier und da mal einen Slam und wird nach Auftritten vielleicht auch häufiger zu seinen Texten angesprochen, kann es sinnvoll sein, über eine Veröffentlichung nachzudenken. Wichtig ist, dass man ein gutes Gefühl für seine Texte hat, mit ehrlichem Feedback umgehen kann und auch bereit ist, seine eigenen Texte in die Hände anderer zu geben. 

Der richtige Verlag

Wenn die Entscheidung für eine Veröffentlichung gefallen ist, ist meist die erste Frage, wo veröffentlicht werden soll. Es wird zwischen Druckkostenzuschuss-, Selfpublishung- und dem klassischen Verlag unterschieden. 

Von Druckkostenzuschussverlagen rät Denise generell eher ab. Diese nehmen ungeachtet des Inhalts jedes Manuskript an, das Lektorat und Layout wird in der Regel selten von Profis übernommen und am Ende zahlt man für den Druck einer unrealistisch hohen Auflage, von der meist wegen mangelnder Unterstützung und Marketing durch den Verlag nur einen Bruchteil tatsächlich verkauft wird. Unterm Strich steht man mit einem großen finanziellen Risiko alleine da und verliert oft auch noch die Rechte an seinen eigenen Texten. Wenn also ein Verlag mit einem Aufruf wie «Autor:innen gesucht!» wirbt, dann lieber Finger weg! 

Selfpublishing ist eine Option, bei der man alle Fäden selbst in der Hand hat. Der Verlag an sich ist nur ein Dienstleister, verdient an den Einkäufen vor und den Verkäufen nach dem Druck und zahlt in der Regel ein faires Honorar. Das bedeutet allerdings, dass man für Lektorat, Layout etc. selbst verantwortlich ist. Dadurch können relativ günstig große Mengen produziert werden. Allerdings ist die Frage, wie professionell das Ganze am Ende aussieht. Denn ein:e Frischautor:in hat oft noch nicht viel Gefühl dafür, wie wichtig ein Lektorat ist, wie ein anständiger Drucksatz aussehen soll, welches Cover Design gut funktioniert und worauf im Vertrieb geachtet werden sollte. 

Der klassische Verlag kümmert sich nach Vertragsabschluss für das Buch um alles. Man erhält ein festgelegtes Honorar, dessen Höhe abhängig vom Vertriebsweg bestimmt wird. Von Lektorat und Layout über Druck bis hin zu Marketing und Lagerung der Bücher übernimmt alles der Verlag. Dieser hat ein hohes Interesse daran, das Buch bestmöglich vorzubereiten und zu vermarkten. Im Gegensatz zum Selfpublishing Verlag ist man dafür an die Vorgaben des Verlags gebunden und kann nur in Absprache über die Gestaltung des Buches mitbestimmen. 

Allgemein ist wichtig zu beachten, dass man einen thematisch passenden Verlag auswählt. Ein Wissenschaftsverlag kann weniger mit einem Lyrikmanuskript anfangen als ein Poetry-Slam-Verlag, wie zum Beispiel Lektora, Satyr oder BrimBorium. Diese haben bereits viel Erfahrung mit der Veröffentlichung von Slam-Büchern und arbeiten szenenah und fair mit ihren Autor:innen zusammen. 

Einsenden des Manuskripts 

Wenn die Wahl auf einen oder mehrere Verlage gefallen ist, folgt der nächste Schritt: das Einsenden eines Manuskripts. In der Regel haben Verlage auf ihren Websites Informationen zu den Anforderungen an ein Manuskript und einen Kontakt, meist eine Mailadresse, an die die Bewerbung geschickt wird. Auf Buchmessen oder anderen Netzwerktreffen kann man auch den persönlichen Kontakt suchen, allerdings benötigt das Prüfen eines Manuskripts Ruhe und Zeit. Daher empfiehlt Denise die Einsendung per Mail. Haben Kolleg:innen bereits bei einem Verlag veröffentlicht, können diese auch eine Empfehlung aussprechen. 

Die Anforderungen an ein Manuskript sind von Verlag zu Verlag unterschiedlich und normalerweise ebenfalls auf der Website des Verlags zu finden. Für eine Textsammlung bei Lektora sollte beispielsweise eine Auswahl von ungefähr fünf Texten eingesendet werden. Diese sollte den besten, drei durchschnittliche und den schlechtesten Text beinhalten, damit der Verlag ein Gefühl für das Qualitätsspektrum der Texte bekommt – denn natürlich kann man nicht nur «Banger» produzieren. Zusätzlich sollte ein kleiner Überblick über sich selbst gegeben werden, wie lange man slammt, welche Erfolge vielleicht schon zu verzeichnen sind. Auch Videos von Texten können verlinkt oder auf die Teilnahme an Schreibwettbewerben hingewiesen werden. Kurz gesagt: Zeig’ wer du bist, was du machst und hab keine Angst zu prahlen. 

Das Manuskript wurde vom Verlag akzeptiert, wie geht es jetzt weiter? 

Wurde das Manuskript akzeptiert, bekommt man zunächst einen Vertrag zugesandt, der – am besten mit einer bürokratisch versierten Person – genau durchgelesen werden sollte. Nach Vertragsabschluss geht es dann an die Ausarbeitung des Buches. Gemeinsam mit eine:r Lektor:in wird das Manuskript überarbeitet und auf Hochglanz poliert. Hierbei muss man sich zwangsläufig darauf einstellen, auf Kritik zu stoßen und Dinge am Manuskript zu verändern, die man selber vielleicht gut findet. But keep in mind: Der Verlag hat sich für das Manuskript und damit auch für einen als Autor:in entschieden, findet die Idee und den eigenen Stil also toll! 

Nach dem Lektorat geht der Text ins Korrektorat und schließlich in den Drucksatz. Hier entscheidet sich, wie der Text später im fertigen Buch aussehen wird. Zeitgleich wird ein Coverentwurf in Auftrag gegeben, je nach Verlag haben Autor:innen hierbei mehr oder weniger Mitspracherecht. Wenn alles steht und man als Autor:in die Freigabe genehmigt, geht das Buch in den Druck und schlussendlich in den Verkauf. 

Wenn das Buch finalisiert ist, bleibt noch die Frage, in welcher Auflagenhöhe es gedruckt werden soll. Bei Lektora wird die erste Auflage meist etwas kleiner gehalten, um das finanzielle Risiko, das der Verkauf von Büchern unbekannter Autor:innen mit sich bringt, möglichst gering zu halten. Große Verlage hingegen drucken in großen Auflagen, damit der Preis pro Exemplar möglichst niedrig bleibt. Klar ist: Solange das Buch noch regelmäßig verkauft wird, wird es auch nachgedruckt. Sobald dies nicht mehr der Fall ist, kann man oftmals die Restauflage beim Verlag zu einem günstigen Preis abkaufen – andernfalls landet sie wahrscheinlich als Mängelexemplar in modernen Antiquariaten. 

Das Manuskript wurde abgelehnt, was nun?

Es gibt eine Menge Gründe, wieso ein Manuskript abgelehnt werden kann. Vielleicht passt die Idee nicht in das Programm des Verlags oder das Programm ist schlicht einfach schon voll. Und nicht zu vergessen: Nicht jede:r mag jeden Stil. Eine Absage muss also nicht direkt bedeuten, dass das Manuskript schlecht ist. 

Denise rät, nicht den Kopf hängen zu lassen und es in ein paar Monaten noch einmal zu probieren. In der Zwischenzeit kann auch in Workshops an den eigenen Schreibskills gefeilt, das Manuskript überarbeitet und neues Feedback und Kritik von Kolleg:innen und Freund:innen eingeholt werden. Auch eine Literaturagentur könnte eine Möglichkeit sein, einen passenden Verlag für das Manuskript zu finden. Wichtig ist es nur, nicht aufzugeben, wenn es einmal nicht geklappt hat. 

 

 

Beitragsbild von Elisa Calvet B. auf Unsplash